ViLLA KOSAViN
... und besungen - aber wenig verstanden, und noch weniger erfahren.

Das Tommaseo in Triest
An der Piazza Nicolò Tommaseo 4, in Blickweite zum Hafen, liegt das Caffè Tommaseo, sehr gepflegt eingerichtet im altwienerischen Stil mit pseudobarocker Stuckatur an den Decken. Ein helles, eierschalenfarbiges, großzügiges Ambiente. Die Bedienung im schwarz-weißen Dress flitzt ohne Unterlass hin und her, schlägt scharfe Kurven um Zusammenstöße zu meiden, gestikuliert leicht theatral mit großer Geste und schenkt dem Gast punktuell seine volle Aufmerksamkeit. Ganz im Gegensatz zu den Kellnern der alteingesessenen Wiener Caféhäuser, die souverän nuschelnd: „saufurt die Herrschaften“, im verbeulten Anzug ihre Gänge von der Küche zum Gast abhatschen, ohne außer Atem zu geraten. Die Wiener Zunft scannt mit einem über die Jahre antrainierten, erweiterten Blickfeld im Vorbeigehen unauffällig das ihnen zugewiesene Tischareal und evaluiert genau, wer noch wie lange warten kann, ohne sauer zu werden. Schließlich will man freindlich sein und sich beim Trinkgeld nicht ins Knie schießen.
Doch im Tommaseo – ganz im Gegensatz zu den Speisen in Kroatien, die gewissermaßen rural und sperrig zubereitet sind, kerniger in der Komposition, weniger Zutaten, aber in kräftiger Ausgewogenheit gewürzt – sind die Zubereitungen alle vollgeschmeidig und samtig am Gaumen und im Abgang. Man kann darüber denken wie es beliebt, aber im Tommaseo werden zahlreiche Kaffeevariationen geboten, die mit bereits eingerührter Milchschokolade serviert werden. Das macht das Getränk weich und sanft und cremig galant. Vive la décadence!
Aber auch die kleinen Häppchen, das Fingerfood, das die Karte bietet, ist schaumig und sahnig aufbereitet; das kätzchenflauschige Teigunterbett hat die Begrifflichkeit Brot weit hinter sich gelassen. Im Mund des Gastes bildet sich ein Gefühl heran, nun Mitglied einer wahrlich großbürgerlichen Oberschicht geworden zu sein. Es schmeckt einfach sauteuer in seiner gediegenen Elegance und lässt einen an die königsblauen Achtzig-Meter-Jachten denken, die im Hafen Rijeka vor Anker liegen. Da kann es durchaus irritierend sein, wie rasch man in den Habitus und die Sphäre eines smarten Louis-Vuitton-Neureichen entschwebt, war man doch gerade eben noch ein simpler Tourist im VW-Golf. So betrachtet muss man das Caffè Tommaseo empfehlen.









